Der kleine Ausstieg auf Etappen

Vorsichtiger Ausstieg aus dem idealisierten Umfeld

 

Ausstieg aus dem Umfeld der IdealeImmer wieder ist von Aussteigern zu hören, die von der heutigen Gesellschaft den Kanal voll haben und dann ihr Glück in fremden Ländern suchen. Sie begeben sich dabei häufig von einer Zivilisation in eine grundlegend andere, vermeintlich freie und angenehmere, um sich dort anderen unbekannten Gegebenheiten anpassen und neue Barrieren überwinden zu müssen .

Der Traum dieser Art von Selbstverwirklichung kann schnell zerplatzen, wenn die Konfrontation mit fremden Gebräuchen fehlschlägt, die eigene Versorgung dadurch gefährdet wird, das erhoffte Glück ausbleibt. Die Muschel der gesellschaftlichen Ideale hat in ihrem Gewohnheitswert auch eine schützende Funktion! Besser klein anfangen, sich dann zunehmend mehr zutrauen.

Selbst im Urlaub gilt die Suche nach Erholung und neuen Eindrücken gerne den Interessen fremder Kulturen. Die Suche nach der wärmenden Sonne erklärt die Sehnsucht nach dem Süden, auch wenn sich mir in den heimischen wärmsten Monaten des Jahres der Sinn für die Flucht in tropische Temperaturen jenseits der 40° nicht unbedingt erschließen kann. Der gegebene Rahmen der Sommerferien dürfte zumindest bei Familien eine tragende Rolle spielen. Doch für den berühmten ‘Tapetenwechsel’ ist nicht einmal unbedingt das Verlassen der Heimat notwendig, das Aussteigen aus dem Alltagswahn kann auch bewusst und in kleinen Schritten erfolgen. Dabei ist hier noch nicht einmal von Urlaub die Rede, denn eine nachhaltige Luftveränderung ist auch im Alltag möglich.

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegen kann?

Auch in den vertrauten Gefilden lässt es sich nicht nur erholen, sondern auch aussteigen, sofern man sich das selbst zutrauen kann. Dazu ist es nicht einmal unbedingt notwendig, auffällig protestierend gegen den Strom zu schwimmen, um sich dadurch womöglich als völliger Außenseiter zu outen. Es reicht bereits, ein wenig quer zu denken, sein Selbstwertgefühl nicht primär aus der Anerkennung anderer zu beziehen. Dies kann zu einer aktiv gelebten Individualität des Wesens führen, die den eigenen intimen Bedürfnissen viel besser entgegenkommt und von der heutzutage leider viel zu wenig Gebrauch gemacht wird.

Der Umstand, dass andere ein Problem damit haben, dies in ihren eigenen Idealvorstellungen vielleicht sogar ablehnen könnten, wirkt sehr hinderlich, so dass gerne ein umfassendes Anpassen und Verbiegen in Kauf genommen wird. Was hier im eigenen Kopf seinen Ursprung hat, führt jedoch nachhaltig zu einer fehlenden Authentizität, die unangenehmste Folgen haben kann.  Wie sich dies dann beim Einzelnen auswirkt, dürften jeweils entsprechende eigene Erfahrungen belegen.

Wird ein abweichendes Verhalten durch andere aus deren eigenen Käfig heraus voller Missgunst kritisiert, abgelehnt oder abwertend belächelt, so gestehen diese damit am ehesten noch ihren eigenen Unmut ein. Dies braucht nicht von der Verwirklichung eigener Ideen abzuhalten, kann sogar eine Grundlage zur wirksamen Motivation liefern. Generell steht es jedem Menschen zu, nach eigenen Bedürfnissen und Überzeugungen zu leben, sofern er dabei auf die Grenzen anderer Rücksicht nimmt.

Faustregel: der persönliche Freiraum endet dort, wo die Nase des anderen anfängt!

Mit anderen Worten enden die eigenen Freiheiten dort, wo die Penetration des Nächsten beginnt. Ob es sich nun um einen aufdringlichen Geruch, Lärm oder sonstige belästigende Wirkungen handelt, ist hierbei völlig egal. Im Zweifelsfall läßt sich jede vorgesehene Veränderung, bei der von der lokalen Norm abgewichen wird, ganz einfach hinterfragen, sofern nicht bereits ohnehin eine vergleichbare Konstellation im Umfeld üblich ist. Nicht selten ist es sogar ausdrücklich erwünscht, dass sich Arbeitnehmer in ihrem Arbeitsumfeld möglichst wohlfühlen, was für einen sehr weitsichtigen Ansatz spricht.

Da ein Großteil des Tages vom Arbeitsbereich in Beschlag genommen wird, ist dieser besonders für nachhaltig wirksame Veränderungen geeignet. Beispiele hierfür: Einsatz gefälliger Objekte, farbgebende oder freudenspendende Bilder, aufmunternde Abbildungen und Sprüche, soweit zulässig auch Pflanzen oder kleine Tischdekos. Feng Shui ist sehr hoch gegriffen, doch alles, was das Arbeiten am gewohnten Platz etwas verschönert, ihn individueller gestaltet, oder anderweitig inspiriert, trägt zur Verbesserung der Arbeitsleistung bei. Selbst ein gefälliger Bildschirmhintergrund oder -schoner erfreut nebenbei das Auge.

Eine Firma, in der dies nicht erwünscht ist, erscheint mir als Arbeitgeber auch nicht geeignet, es sei denn, die Werksvorgaben zur Produktion machen dies tatsächlich erforderlich. In diesem Fall gibt es sicher Möglichkeiten, zumindest die Pausenzeiten bereichernd zu gestalten. Einen Kollegen, der dieses Anliegen nicht gutheißen kann, kann ich für meinen Teil dann kaum begrüßen. In einem grau-in-grau mit stocknüchterner Umgebung lässt sich garantiert kein Spaß an der Arbeit finden, das schafft in einer solchen vorherrschenden Atmosphäre nicht einmal ein Blinder.

Hierzu erfolgt auch gleich meine Anregung an die entscheidungstragenden Manager und Arbeitgeber, für ansprechende Arbeitsplätze zu sorgen. Mit einem streichenden Rotstift zum Erreichen schwarzer Zahlen ist definitiv keine Farbenvielfalt zu erreichen, bei manchen Einsparungen wird durch den demotivierenden Effekt doppelt und dreifach draufgezahlt! Dies führt dann auch zu den unerklärlichen Ergebnissen der Controller, die trotz intensiven Schönrechnens einfach nicht in den grünen Bereich kommerzieller Zielvorgaben kommen wollen. Das Reizwort ‘Controlling’ ist ohnehin so ein Thema für sich, dem werde ich mich gelegentlich noch in einem dedizierten Beitrag widmen.

Der menschliche Faktor ist kein vernachlässigbares Kalkül einer gesunden Volkswirtschaft!

Wo lässt es sich denn noch in kleinen Schritten aussteigen, sich individuell selbst verwirklichen, oder andere Wege gehen? Einfach mal dem Hype entkommen, nicht dem materiellen Statusgehabe und Glanzdenken folgen, dem Wegwerfgedanken widersprechen. Das Tragen, was einem gefällt, auch wenn es gerade nicht so ‘in’ ist. Hauptsache gepflegt! Nicht von der ‘Stange’ kaufen, sondern Second Hand, oder etwas auf den eigenen Typ angepasst anfertigen lassen. Sich etwas Neues zutrauen, eine alte Couch oder Stühle selbst neu überziehen, das eigene Geschick herausfordern und die Kreativität fördern. Klettern, Malen, Töpfern, Tanzen, Unterricht zur Förderung des eigenen Talents, herausfordernde Übungen jeglicher Art, Musik aus der eigenen Jugendzeit anhören, vergessene Relikte aus früheren Zeiten entdecken, die Liste ist endlos lang.

Um den Effekt noch zu steigern, lassen sich auch Dinge gemeinsam unternehmen, mit dem Partner oder den Freunden, der Familie oder einem Nachbarn. Gemeinsam etwas Wertvolles oder Bereicherndes schaffen, die eigenen Hände, den eigenen Körper und den eigenen Geist dabei frei und schöpferisch einsetzen. Effektive Wege, sich im Kleinen selbst zu verwirklichen und andere sogar dafür zu gewinnen. Freude, Dankbarkeit und Anerkennung gibt es obendrauf, sofern nur die Richtigen hierfür  zusammenfinden, zudem dient dies gleich als wirksames Vorbild für fremde Initiativen. Belohnt wird dies durch den frischen, jungen Gedanken, der dabei entsteht und aus dem Grau des Alltags entführt. Besser, als jedes Kino! Weihnachten steht vor der Tür, ein guter Anlass für handwerkliche Eigeninitiative, statt sich in die Kassenschlangen der Kommerzmagnaten einzureihen.

Wo bleibt der ganzheitliche Ansatz, was hat dies mit inneren Werten zu tun?

Den eigenen Ideen sind keine Grenzen gesetzt, diese werden erst mit dem Ende des persönlich Machbaren erreicht. Selbst hierfür lässt sich im Umfeld oft noch Unterstützung finden, dadurch sogar Teamwork realisieren. Wir bauen kein Atomkraftwerk, wie es einst bei Loriot der Fall war, der uns den täglichen Wahnsinn auf wunderbar satirische Weise vor Augen gehalten hat. Back to the Roots, etwas Nostalgie und Erinnerung an alte Werte, hat noch nie jemandem geschadet und sorgt in aller Regel für die Erinnerung an Omas erstaunliche Zeiten. Und wenn es nur eine gute, hausgemachte Marmelade ist, die dann auf dem Gabentisch steht, die Freude der Beschenkten dürfte für dieses Engagement zum Gaumenkitzel gewiss sein. Im Ganzheitlichen liegt dann eher die Verbindung mit der Gesundheit oder dem ökologischen Gedanken verborgen.

Sei es, um beim Beispiel zu bleiben, eine Marmelade mit besonders wertvollen oder heilsamen Zutaten, ein Gebäck mit alternativen anregenden Rohstoffen, oder eine neue Kochkunst mit ganzheitlichen Zutaten, die Möglichkeiten sind auch hier sehr zahlreich. Das Tüpfelchen auf dem i stellt jedoch der Entschluss dar, sich beim Kauf der nächsten technischen Innovation nicht an der Masse und dem darin verborgenen Recht des Größeren und Stärkeren zu orientieren, sondern sich nach eigenen individuellen Anforderungen und wahren Bedürfnissen, sowie an wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten. Der eigene Geldbeutel wird dafür sofort, die Umwelt dann mit jedem, der dieser Gesinnung folgt, durch einen kleinen wirksamen Anteil am großen Gesamteffekt dankbar sein.

Übrigens: Neid ist nichts anderes als die aufrichtigste Form der Anerkennung!

Mein Tipp: Nur nicht entmutigen lassen, dem Bauchgefühl folgen, im aktiven Ausüben oder Einkaufen nach Flow und Glücksgefühlen suchen. Dabei immer wieder etwas Neues ausprobieren, das gibt einen schlanken Fuß und einen wendigen Geist. Eine entwaffnende Antwort für erweckte Missgunst sind übrigens einladend offene Arme und ein breites, augenzwinkerndes Lächeln. Achtung, es besteht dabei akute Ansteckungsgefahr für den Neidhammel! Diese Art von Frechheit darf jedoch gerne siegen.

Euer Leocarus

Über Leocarus

Autor und Initiator des Leocarus-Projekts